Interview mit Sabine Kornbichler:
Der gestohlene Engel

Nach ihrer Ausbildung als Volkswirtschaftlerin und den Berufsstationen als Texterin und PR-Beraterin widmet sich Sabine Kornbichler dem freien Schreiben. Mit großem Erfolg. Die in Berlin lebende Schriftstellerin bringt zur Zeit ihren neunten Roman zu Papier.

Ihr letztes Werk "Der gestohlene Engel" [Meine Rezension lesen Sie hier.] hat mich so fasziniert, dass ich Kontakt zu der Autorin aufgenommen und ein Interview mit ihr geführt habe.

Mich interessierte vor allem der Prozess des Schreibens an diesem Buch:

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Anja Kolberg: Wie entstand die Idee für das Buch "Der gestohlene Engel"?
Sabine Kornbichler: Die Idee entstand aus der Tatsache, dass Hebammen, die Hausgeburten durchführen und dann ja auch die Geburt eines Kindes bescheinigen, durchaus die Möglichkeit zum Betrug haben (natürlich rein theoretisch betrachtet). Dann habe ich mich gefragt: Woher könnte das Baby kommen, dem eine falsche Urkunde ausgestellt wird? Aus welchen Gründen könnte ein Baby abgegeben werden? So kam ich auf das Missbrauchsthema und den späteren Gewissenkonflikt der Protagonistin. Das alles wollte ich mit dem Thema Freundschaft verknüpfen und mit der Frage, wie viel Geheimnis eine Freundschaft eigentlich verträgt.

Anja Kolberg: Wie klar war die Idee, der Ablauf, als sie zu schreiben begannen?
Sabine Kornbichler: Ganz klar. Ich habe ein Exposee darüber geschrieben und die Idee im Detail ausgearbeitet.

Anja Kolberg: Hat sich die Idee während des Schreibens verändert?
Sabine Kornbichler: Nein. Allerdings wusste ich anfangs noch nicht, wie ich diesen Gewissenskonflikt lösen würde. Dazu bedurfte es weiterer Recherchen.

Anja Kolberg: Wie entwickeln Sie eine Idee für einen neuen Roman: Entwickeln Sie die Idee im Kopf so lange, bis sie klar ist, schreiben Sie Teile auf oder...?
Sabine Kornbichler: Ich entwickle die Idee erst ganz grob im Kopf und arbeite dann im Exposee die Details aus.

Anja Kolberg: Hatten sie den vollständigen Ablauf vom Treffen der Freundinnen bis zum Abendessen mit dem abtrünnigen Partner (also diese vielen parallel laufenden Geschichten) nebst den Personen schon zu Beginn im Kopf oder sind sie nach und nach aufgetaucht?
Sabine Kornbichler: Nein, ich hatte sie gleich im Kopf.

Anja Kolberg: Wie oft haben Sie die Geschichte umgeschrieben/verändert?
Sabine Kornbichler: Ich habe das Manuskript am Ende überarbeitet, nicht jedoch inhaltlich.

Anja Kolberg: Das Buch greift die Themen Inzest, Krebs und Eheprobleme auf. Wie schaffen Sie es, dass es so echt wirkt?
Sabine Kornbichler: Indem ich sehr viel recherchiere und versuche, mich in Seelenzustände hineinzuversetzen.

Anja Kolberg: Wie gehen Sie am liebsten bei Ihren Recherchen vor? Recherchieren Sie im Internet, führen Sie Interviews?
Sabine Kornbichler: Wenn ich mir ein Grundthema ausgesucht habe, recherchiere ich überall: Internet, Fachbücher, Fachzeitschriften, Interviews mit Fachleuten und Betroffenen, Seminare.

Anja Kolberg: Wie viel Zeit ist von der Idee bis zum Beginn des Schreibens vergangen? 2-3 Monate
Sabine Kornbichler: Und wie viel Zeit vom Beginn des Schreibens bis zum Fertigstellen des Manuskripts? 8-10 Monate

Anja Kolberg: Wie bauen Sie das Schreiben in Ihren Tagesablauf ein? Schreiben Sie den ganzen Tag?
Sabine Kornbichler: Ich schreibe zwischen 4 und 7 Stunden pro Tag.

Anja Kolberg: Haben Sie Rituale beim Schreiben?
Sabine Kornbichler: Nein, aber ich schreibe am liebsten an meinem PC im Arbeitszimmer.

Anja Kolberg: Zweifeln Sie manchmal an Ihrem Können?
Sabine Kornbichler: Ja.
Anja Kolberg: Wie überwinden Sie Ihre Zweifel?
Sabine Kornbichler: Indem ich mit meinem Mann und meinen Freundinnen darüber spreche und indem ich darüber nachdenke und analysiere, woher die Zweifel kommen.

Anja Kolberg: Welche Rolle spielt Ihre Erfahrung als Texterin bei Ihrem schriftstellerischen Erfolg?
Sabine Kornbichler: Sicherlich eine große, denn um Texterin zu werden, habe ich ein journalistisches Volontariat gemacht. Dabei habe ich sehr viel Handwerkszeug erworben.

Anja Kolberg: Was lieben Sie an Ihrem Beruf?
Sabine Kornbichler: Die Möglichkeit, allein zu arbeiten, unabhängig zu sein, meine eigenen Ideen umsetzen zu können und ein Ventil für meine Phantasie zu haben.

Anja Kolberg: Kennen Sie Schreibblockaden?
Sabine Kornbichler: Nein
Anja Kolberg: Was glauben Sie, warum kennen Sie diese nicht?
Sabine Kornbichler: Vielleicht, weil ich mir selbst keine Blockaden schaffe, indem ich sofort jeden Gedanken bewerte. Ich lasse meiner Phantasie freien Lauf und fasse sie in Worte. Ob ich dann damit letztlich zufrieden bin, entscheide ich später.

Anja Kolberg: Erinnern Sie sich noch an das Schreiben Ihres ersten Romans "Klaras Haus"? Wie haben Sie es geschafft, ihn zu Papier zu bringen?
Sabine Kornbichler: Daran erinnere ich mich sehr gut. Und ich fand es gar nicht schwer, ich wollte einfach wissen, ob ich es kann.

Anja Kolberg: Haben Sie Erfahrungen mit dem Buch "Der Weg des Künstlers" von Julia Cameron oder anderen kreativen Schreibratgebern? Waren sie wichtig für Sie?
Sabine Kornbichler: Diesen Ratgeber kenne ich nicht. Ich habe in andere hineingelesen, konnte aber für mich nichts daraus mitnehmen. Ich greife lieber auf das zurück, was aus meinem Bauchgefühl entsteht.

Anja Kolberg: Was empfehlen Sie Menschen, die gerne einen Roman schreiben möchten?
Sabine Kornbichler: Der Phantasie Raum geben, eine Idee entwickeln und loslegen. Und neugierig sein, wohin es einen führt.

Anja Kolberg: Danke Sabine Kornbichler für Ihre Zeit!

Das Interview führte Anja Kolberg, www.frauen-coaching.de

© Foto von Sabine Kornbichler: Peter von Felbert

Weiterführende Links:

Erstellt durch: Anja Kolberg am Donnerstag, 03 Juli, 2008
Thema: Blog - 2008, 2. Halbjahr, Schriftsteller
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