Nass und grau...

... begrüßt mich der Himmel über Junkersdorf heute morgen. Bäh! Gut, dass es drinnen so kuschelig und gemütlich ist.

Ich kann ja verstehen, dass es für manche Verkäufer in der Vorweihnachtszeit nicht leicht ist: Stress, viele Leute, viele Fragen, nörgelnde Kunden, lange Schlangen, da kann man wirklich schlechte Laune bekommen. Gestern war ich in einem Geschäft für Künstlerbedarf. Der Herr an der Kasse war der König unter den Genervten: Kein Blickkontakt, gebückte Haltung (sie stehen dort hinter den Kassen), mürrische Antworten, Zeitlupenbewegungen, ein Gesicht wie - ich kann es nicht beschreiben... Bei der Wartezeit an der Kasse herrschte eine besch.... Stimmung und ich musste mir seine Art unweigerlich anschauen und anhören, es machte echt keinen Spaß.

Als ich an der Reihe war, nahm ich mir ein Herz. Okay, für die erste Nanosekunde wollte ich nicht mein Herz, sondern meine Wut auspacken und ihm sagen, dass es keinen Spaß macht, auf so einen griesgrämigen Kassierer zu warten. Doch dann überwog meine Vernunft. Keinen Bock, mich aus Strafe wieder hinten anstellen zu müssen... Also Wut wieder eingesteckt und das Herz ausgepackt. Ich guckte ihn freundlich an und fragte: "Kein guter Tag heute? Sie sehen so traurig aus." Er antwortete, dass es so ist wie jedes Jahr im Weihnachtsgeschäft: Purer Stress. "Also sollte ich Sie im Moment nicht um Ihren Job beneiden?" Langsam taute er auf, erzählte was, lächelte. Als ich nach zwei Minuten ging, sagte er mir mit einem Lächeln auf den Lippen "Tschüß". Nach dem Gespräch ging es auch mir besser und ich konnte ihn verstehen. Am liebsten hätte ich ihn in Urlaub geschickt oder ihn gefragt, was er eigentlich machen möchte in seinem Leben. Denn wenn ich mich recht erinnere, schaut er immer so traurig und kraftlos aus. Es kann nicht sein, dass er diesen Job wirklich machen möchte. Was für eine Geschichte hat er wohl?

Manchmal steckt man im "falschen" Leben fest. Sei es beruflich oder privat. Woran man das merkt? An der eigenen Unzufriedenheit, an schlechter Laune, trüben Gedanken, körperlichen Symptomen, Traurigkeit... Je länger man schon mit dieser Situation lebt, desto unmöglicher mag es erscheinen, sie zu ändern. Das bedeutet nicht, dass es unmöglich ist.

Wir selbst entscheiden das. Wir entscheiden unser Leben. Wir haben das Recht, die Bedingungen festzulegen, mit denen wir leben und arbeiten möchten. Wir haben die Aufgabe, gut zu uns zu sein und dazu gehört auch die Frage:

Wie sieht ein Leben aus, das wirklich lebenswert für mich ist?

Anja Kolberg

Erstellt durch: Anja Kolberg am Dienstag, 08 Dezember, 2009
Thema: Blog - 2009, 2. Halbjahr, Blog - Berufl. Orientierung
Newsletter

Aktueller Beitrag: Nass und grau...
« Endlich Weihnachtsstimmung | Home | Die Zeit rast plötzlich & Geschenkvorfreude »