Rückschläge überwinden

Siege feiern ist nicht schwer, Niederlagen wegstecken, dagegen sehr. Es ist wie im wahren Leben: Es gibt nicht immer Erfolge zu feiern, viel öfter gibt es Rückschläge zu verkraften. Heute früh frage ich mich allen Ernstes: Gibt es ein Leben nach dem verlorenen Halbfinale der WM in Südafrika?

Gestern Abend war ich so traurig und es hält immer noch ein wenig an. So gerne hätte ich unsere Nationalmannschaft im Finale am Sonntag gesehen, ihnen den Pokal gegönnt und uns die Freude daran. Hach. Seufz. Es ist nicht leicht, mit dem Aus umzugehen. Auch wenn Parolen wie "Kopf hoch, wird schon wieder", trösten wollen, gibt es doch Momente, wo man einfach untröstlich ist. Die ARD zeigte gestern nach dem Spiel ein weinendes Kind, blonde lange Haare luckten unter der Deutschland-Mütze hervor. Die Eltern schaften nicht, es zu trösten. Es weinte weiter und zeigte die Gefühle offen, die andere unterdrückten.

Gestern Abend vor dem Spiel sagte mein Mann, als er vom Spaziergang mit unserem Hund zurück kam: "So viele sind mit Trikots und Fahnen unterwegs, gehen zu ihren Nachbarn. So viele sieht man im Garten zusammen sitzen und grillen. Was der Fußball alles schafft!" Die WM 2006 schaffte es, dass wir Deutschen wieder Flagge zeigen ohne ein mulmiges Gefühl zu haben, wieder die Nationalhymne mitsingen, ohne Scham. Dieser Sport verbindet uns, lässt uns zusammen feiern, fiebern und auch trauern. Gemeinsamkeit verbindet. Den Spot des Deutschen Fußballbundes über die feiernden Eltern der Mannschaft aus unterschiedlichsten Nationalitäten (Link zum Integrationsspot) find ich super. Der Sport schafft es, aus unterschiedlichen Nationalitäten ein Team zu machen. Hautfarbe, Religion, Haarfarbe, Herkunft - das spielt keine Rolle, nur die gemeinsame Begeisterung, das gemeinsame Ziel.

Es ist uns nach der WM 2006 schon gelungen, wieder aufzustehen und auch nach der EM 2008. Das Ergebnis des Rückschlags ist eine kraftvolle junge Mannschaft. Auch wenn ein nach vorne gucken schwer ist, so macht es doch Mut, auf das nächste Turnier - die Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine - zu blicken und sich mit Hilfe der Vorfreude Stück für Stück aus dem Sumpf zu ziehen und auch mit einem Blick zurück auf all die wunderschönen Momente, die uns das Fußballteam geschenkt hat.

Traurigkeit darf sein. Irgendwann schwenkt sie um und wird zu Kraft, Erfahrung, innerer Stärke, neuem Mut und Hoffnung.

Danke an die Nationalmannschaft für diese unterhaltsamen Stunden!

Anja Kolberg

PS: Nachtrag zur Pressekonferenz des DFB, die ich mir gerade online angeschaut habe: Ich kann verstehen, dass der Mannschaft nicht nach Feiern in Berlin zumute ist, sie lieber das nächste Mal mit den Fans Party machen wollen, wenn sie einen Pokal in der Hand haben und ich verstehe nur zu gut, dass sie jetzt endlich in den wohlverdienten Urlaub möchten.

PPS: Warum hat keiner der Reporter gefragt, wie der Kapitän, die Mannschaft mit Rückschlägen umgeht? Wie motivieren sie sich dann wieder? Wie verarbeiten sie das? Was hilft ihnen? Was nicht? Das wären Fragen bzw. Antworten gewesen, die mich brennend interessiert hätten. Ich muss da wohl mal selbst hingehen... :o)

Erstellt durch: Anja Kolberg am Donnerstag, 08 Juli, 2010
Thema: Blog - 2010, 2. Halbjahr, Blog - Dunkle Tage
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