Auf der Suche nach dem roten Glück mit den weißen Punkten

Letzte Woche Samstag: Strahlendes Frühherbstwetter und in der regionalen Tagespresse las ich von gigantischen Pilzfunden. Ob der richtige Zeitpunkt für einen Waldspaziergang im Bergischen wäre und die Chance gekommen, endlich meine geliebten Fliegenpilze zu finden? Seit Jahren schon träume ich davon, endlich einen echten vor die Linse zu bekommen. Doch entweder war ich zu spät oder zu früh unterwegs oder ich fand keine... Dieses Jahr hatte der feuchte August eigentlich für gute Bedingungen gesorgt. Spontan packte ich - auch mit Gedanken endlich Luna (siehe Beitrag: "Schwarz - süß - wild") kennen zu lernen - meine Fototasche und rief bei meiner Oma an, ob sie zu Hause sind und ich von dort meine Wanderung starten könnte. Alles okay, also los.

Das erste Glück: Mein Onkel und meine Tante hatten Lust, mich zu begleiten. Ich hätte mich wahrscheinlich alleine nicht so weit in den Wald getraut, bin ja eine schöne "Schissbuchse" (bergisch Platt für Angsthose). Wie immer war mein Onkel gut gewappnet, denn dank seinem Spazierstock konnten wir den Weidenzaun, der Nachbars Kühe mit Strom auf der Wiese hielt, gut unterklettern, ohne einen gewischt zu bekommen. Ein bischen wummrig war uns bei der Überquerung der großen Weide schon, denn wir konnten den gigantischen Bullen, der mit seinen Mädels dort lebte, nicht entdecken und von einem lauten Schnaufen und Hufgetrampel durch die Gegend gejagt zu werden, ist auch keine schöne Vorstellung. Ich überlegte kurz, wer von uns wohl am langsamsten sei... Da ich das meiste Gewicht auf den Rippen habe, sah ich mich in der Situation. Räusper. Also schnellen Fußes weiter.

Der Wald war bald erreicht, die Herbstsonne herrlich warm, auf dem steilen Wiesenhang weideten "Beuerder" (Jungkühe) und um sie herum sprangen und sangen Grillen. Als Jugendliche war ich an der Stelle oft mit unserem Hund Britta (Schäferhund-Colliemix) spazieren. Zwischen den Wiesenhängen gurgelt nämlich ein herrlicher frischer Quellbach über Grauwacke ins Tal. Auf dem Grund fand ich sogar Ton. Mein Elternhaus und das unserer Großmutter wird heute noch über eine Quelle aus dem Wald mit Wasser versorgt.

Kaum am Wald angekommen, entdeckte mein Onkel die ersten Pilze:

Und im Wald fanden wir zwischen den hohen Tannen auf dem von Stern- und anderen Moossorten durchzogenen weichen Boden so viele herrliche Pilzmodells, das mein Fotographenherz vor Freude lachte:

 

Überhaupt: Dieses wunderbare Moos und die vielen verschiedenen Sorten von Farn. Ein Augenschmaus!

 

 

Wenn es nach mir ginge, hätte ich gaaaanz viel Moos im Garten. Doch leider sind die Vögel damit nicht einverstanden, denn sie zerpflücken für ihren Nestbau regelmäßig alles, was ich dort anpflanze und züchte... Dieses grüne Zimmer im Wald. Ein Traum. Das lässt sich auch nicht auf Bildern wiedergeben. Stille. Sonnenlicht bricht durch die hohen Tannen und leuchtet einzelne Stellen auf dem Boden aus.

Der Hang zu beiden Seiten von grünen Moosen und Farnen und kleinen und großen Tännchen überzogen. In der Talsohle gluckert der Bach über die Steinplatten. Wir entdeckten Matschkuhlen, in denen sich die Wildschweine suhlen. Immer wieder leuchten kleine und große Pilze zwischen dem Grün auf. Herrlich! Meine Tante und ich waren uns einig: Hier ein Haus mit einem riesigen Wintergarten. Nachts der Wald beleuchtet - und alles kann man sehn. Ach, das wäre was... Die Ruhe und der Frieden, den dieser Ort ausstrahlt, sorgt bei mir für sofortige Entspannung. Kein Motorengeräusch. Nur Vögelzwitschern, der Bach und ab und an der Wind in den Bäumen. Seufz. Ich wünsche, ich wäre jetzt dort.

Auf der großen Lichtung, wo wir vor 3 Jahren so viele Pilze sichteten - mein Lieblingsbild davon war im Kalender 2009 mit dem Text: "Die Sorgen am Waldesrand ablegen wie einen Rucksack. Zu schwer für eine schöne Reise." - waren kaum Pilze zu sehen. Och schade, die Natur hatte wohl andere Pläne...

Dafür fand ich diesen hier mit den hübschen Nagespuren auf dem Deckel. Ich berührte seine Oberfläche, weil ich wissen wollte, ob es wirklich Wasser war, was sich im Licht spiegelte. Kein Wasser. Er fühlte sich wahnsinnig glitschig an. Iiiiiiiiiih!

 

Meine beiden Waldführer wollten nicht aufgeben und hatten noch eine Idee, wo sie mal vor Jahren Fliegenpilze gesehen hatten. Also weiter. Auf dem Weg dorthin fanden wir immer wieder schöne Motive. So hüpfte uns der ein oder andere Minilaubfrosch über den Weg, die Beeren des Ilex verfärbten sich für ihr Winteroutfit, dann gab es viele orangeleuchtende Pilze, die wie kleine Korallen aus dem Boden ragten (der Pilz heißt auch so wie er ausschaut).

Ich war vollkommen erstaunt, rosa blühendes wildes Erika zu finden und wilden Salbei. Ganz besonders gefreut habe ich mich über große Impatiens, die in der Herbstsonne strahlten. Es scheint "meine" Pflanze zu sein, denn ihre Blüten gehörten immer dazu, wenn ich Bachblüten aussuchte. Hm, was für schöne Motive!

Ich finde Steinpilze superlecker und fand so einige Kandidaten, die dem Bild, was ich im Kopf von ihnen habe, ähnlich sahen. "Oh, ein Steinpilz. Die sind ja so lecker. Ob man das wohl einer ist?", sagte ich immer wieder. Doch ehrlich gesagt war keiner von uns bereit, sich auf ein Pilzfiasko einzulassen, auch wenn sie noch so köstlich schmecken. Sieht der Angenagte da oben nicht toll (und lecker) aus? Bei Pilzen denke ich gleich an Krimis und die mörderische Methode, unliebsame Menschen aus dem Weg zu räumen. Nicht, dass mir jemand einfiele, wohl aber einige Ideen, die sich zu Papier bringen ließen... Ich denke an ältere Damen, die beim Kaffeekränzchen rauchend und Karten spielend den ein oder anderen Plan aushecken...

Als ich schon kaum mehr daran glaubte, noch Fliegenpilze zu finden, aber bereits zufrieden mit all den schönen Eindrücken war, die ich schon sammeln konnte, sagte mein Onkel: "Hier ist einer!" Mein heißgesuchter Fliegenpilz! Vor lauter Freude hätte ich Weinen können. Was für ein Geschenk. Gleich wurde die Kamera gezückt, ich konnte mich gar nicht mehr davon loseisen. "Hier ist noch einer!", hörte ich von meinem Onkel. "Hier sind noch viel viel mehr!" "Oh schau dir den mal an, hier!", schwärmte meine Tante. Es war ein ganzes Überraschungfeuerwerk! So lange wie ich nach diesen Glücksbringern schon gesucht habe und dachte, ich bekomme nie eine vor die Linse, so sehr wurde mein Warten belohnt. Ich spüre beim Schreiben noch das Glück in mir, das ich fühlte, als wir die Fliegenpilz-Kolonie entdeckten: Kleine, große, welche mit vielen weißen Punkten, welche wo die Punkte an den unteren Rand des Schirms gerutscht waren, welche mit großem Schirm, winzig kleine, die gerade aus der Laubschicht krochen, angenagte, umgefallene und Prachtexemplare, die sich im Licht der Herbstsonne für mich in Pose schmissen. Mein Inneres hüpfte und jauchzte. Die Fotographin schmiss sich auf den Boden (trotz meiner Angst vor Zecken, die ich gerne über Bord schmeißen würde), füllte die mitgebrachten Speicherkarten und leerte die Akkus der Kamera. Ich war anschließend so durchgeschwitzt und aufgekratzt - und kann mein Empfinden doch nur in kleinem Maß in Worte fassen. Da war so viel!

So präsentierte sich der erste Fliegenpilz:

Ein besonders schönes Exemplar hat seinen Platz im Tischkalender 2011gefunden, den Sie hier ab Anfang November kaufen können. Im Newsletter, wofür Sie sich hier eintragen können, werde ich Sie automatisch informieren, wenn es soweit ist.

Ich bewundere die Geduld, die meine Tante und mein Onkel hatten, als ich mich beim Fotographieren so richtig gehen ließ. An der ersten Fundstelle hielt ich mich bei all den Motiven fast eine dreiviertel Stunde auf! Es tut so gut, Menschen wie sie zu haben, die mich so unterstützen! Danke auch von hier noch mal an euch beide! Natürlich auch an Oma, die währenddessen auf den vierpfotigen Racker aufpasste, der morgens noch ihr Strickzeug zerpflückte.

Möchten Sie noch einen der Glücksbringer sehen? Okay, hier einer der Laubgucker:

Auf dem Weg zurück fand mein Onkel zwischen den Tannen immer wieder Fliegenpilze, darunter riesig große. Es war ein Traum! Zum Abschluss der Reise durch den Herbstwald noch dieser hier, kein Fliegenpilz, aber ein eleganter Abschluss eines Stockes:

Nach gut drei Stunden waren wir zurück. Müde und satt von so vielen Eindrücken. Was für ein gelungener Ausflug. Was für eine Freude, dass ich meinen spontanen Impuls, ins Bergische zu fahren, wirklich umgesetzt habe.

Glückliche Grüße von einer heimatliebenden

Anja Kolberg

PS: Aus zwei Bildern habe ich E-Cards für Sie entworfen.

Erstellt durch: Anja Kolberg am Freitag, 17 September, 2010
Thema: Blog - 2010, 2. Halbjahr, Blog - Garten - Herbst
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