Was hat Selbstliebe mit Drops, einem Brunnen und der Küche zu tun?

Wie praktisch wären bunte Drops mit Wirkung einer sofortigen und umfassenden Selbstliebe. Ich würde sie sofort nehmen. Denn alleine der Wunsch, mich selbst zu lieben, löst noch keinen Erfolg aus. Gut zu mir selbst sein ist Arbeit. Tägliche Arbeit, die wie das Aufräumen der Küche nicht wegfällt.

Wie würde sich Selbstliebe denn anfühlen? Hm, mal überlegen. Warm. Weich. Kuschlig. Wie eine Streichelmassage. Duftend wie Lavendel und Pfefferminze und Rose. Ein Lied, das in meine Ohren wie ein Wiegenlied klingt. Eine Landschaft, die Hügel mit Gras überzogen, kräftige Eichen auf ihren Gipfeln, blühende Kirschbäume, ein Bienenstock, ein kleiner Bär räkelt sich auf dem Rücken zwischen Grashalmen und Gänseblümchen, guckt in die Luft, leckt sich die Reste des Honigs von der Schnauze und den Pfoten. Stille. Er pupst, kichert und schläft mit einem Lächeln ein.

Ich selbst sein und mich so zu mögen und akzeptieren wie ich bin. So wünsche ich mir Selbstliebe.

Wenn ich mich selbst nicht liebe, können mir andere tausend Mal sagen, wie wertvoll ich bin. Solange ich es selbst nicht fühle und glaube: Keine Chance. Dann ist es wie ein Brunnen, der ein Leck hat. Solange ich mich selbst kritisiere und klein mache, versiegt das Wasser im Brunnen.

Wie bleibt das Wasser im Brunnen? Mal sehen, ob ich in mir selbst auf meine Frage Antwort finde. Die Antworten meiner inneren Stimme habe ich in Anführungszeichen gesetzt.

Wie schaffe ich es, dass das Wasser im Brunnen bleibt? "In dem du es jeden Tag schöpfst."

Wie meinst du das? "In dem du nicht darauf wartest, dass dir einer das Wasser aus dem Brunnen bringt, sondern in dem du dir selbst Wasser aus dem Brunnen holst."

Wie meinst du das genau? "Sag dir selbst etwas Nettes. Warte nicht auf ein Kompliment von Anderen. Lobe dich selbst. Jeden Tag, so oft du willst. Sag, dass du heute schön aussiehst oder was immer du möchtest. Es geht nicht um Selbstverliebtheit im negativen Sinne, sondern darum, dich selbst zu mögen in einer gesunden Weise."

Seufz. Das klingt anstrengend. "Sind denn all die abwertenden, kritisierenden Gedanken nicht anstrengend?"

Doch, schon. Aber wieso bleibt das Wasser im Brunnen und versiegt nicht, wenn ich es schöpfe? "Weil dann Leben in den Brunnen kommt. Stell dir einen Schwamm vor, der das Wasser aufsaugt. Abwertungen saugen das Wasser auf. Liebe vermehrt es."

Und damit ich es nicht wieder im Alltag versickern lasse, nehme ich mir jetzt einen großen Schluck aus meinem Brunnen. Oh, das ist gar nicht so einfach. Ich merke, dass ich am liebsten weglaufen möchte... Mich ablenken. Stopp! So nicht. Konzentration. Sag dir was Nettes, Anja!

Also, ich finde die Blumenschale ganz bezaubernd. Ich finde klasse, dass ich mich in den letzten Tagen so viel ausgeruht habe. Ohne schlechtes Gewissen. Ich mag meine lockigen Haare und meine blauen Augen. Ich bin stolz, dass ich zwei Kalender auf den Weg gebracht habe und neue Doppelkarten und sie mir so gut gelungen sind. Und die Aufkleber finde ich auch klasse.

... ich höre Sätze wie "Jetzt übertreib aber mal nicht.", "Jetzt ist aber gut.".

Übertreibe ich? "Nein."

Woher kommen dann die Sätze? "Das ist deine Gewohnheit, Anja. Du bist es gewohnt, dich zu kritisieren und klein zu machen. Und die Gewohnheit meldet sich mit solchen Sätzen."

Das finde ich doof. "Ja, ich weiß."

Können die nicht einfach stoppen? "Ja können sie. Dann, wenn du dich wirklich selbst ganz akzeptierst wie du bist."

Das kann ja noch ewig dauern. "Möglich. Es kann aber auch schneller gehen als du denkst."

Ja? Wie denn? "Wenn du täglich dir täglich was Nettes sagst, deine negativen Selbstgespräche regelmäßig stoppst. Wenn du dran bleibst. Erinnerst du dich an das Bild vom Küche aufräumen?"

Ja. Wieso? "Was passiert, wenn du dort nach dem Kochen nicht mehr aufräumst?"

Dann sieht's dort nicht so dolle aus. "Fühlst du dich dann dort wohl?"

Nö, nicht wirklich. "Was musst du also tun, damit du dich dort wohlfühlst?"

Jeden Tag die Spüle und den Herd aufräumen, Spülmaschine ein- und ausräumen. "Genau. Ist die Arbeit anstrengend?"

Nein, ich habe darauf oft keinen Bock. Aber wirklich anstrengend ist sie nicht. "So ist es auch mit deinen Selbstgesprächen. Selbstliebe ist tägliche Arbeit."

Der Vergleich leuchtet mir aber ein. Es wird nicht leichter, wenn ich denke, die Heinzelmännchen kommen und erledigen die Arbeit bzw. darauf zu warten, dass mir jemand etwas Nettes sagt oder mir zeigt, dass er mich gerne hat. Ich selbst muss meinen inneren Schweinehund überwinden und etwas für mich tun.

Auch wenn mir manchmal ein Drops mit Zauberkraft lieber wäre...

Anja Kolberg

Erstellt durch: Anja Kolberg am Freitag, 19 November, 2010
Thema: Blog - 2010, 2. Halbjahr, Blog - Mich selbst annehmen
Newsletter

Aktueller Beitrag: Was hat Selbstliebe mit Drops, einem Brunnen und der Küche zu tun?
« Schätze aus dem Novembergarten | Home | Newsletter ist raus »